Juri Rosov
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Rostock.
Die Gemeinde ist in den letzten Jahren eher kleiner geworden. Durch die gesetzlichen Neuregelungen der Einwanderung für Juden und Jüdinnen seit 2005 und damit verbundene Hürden, ist es sehr schwer in Deutschland bleiben zu dürfen – so dass keine*r mehr kam. 2014 kamen kriegsbedingt auch jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland. Diese durften aber damals den Antrag auf Einwanderung nicht in Deutschland stellen – nur in der Botschaft in der Ukraine. Das wurde jetzt im März 2022 mit Bezug auf den Krieg von der Bundesregierung geändert.
Schabbat und Pessach-Fest am 15. April 2022.
Das erste Fest seit der Corona-Pandemie.
Seit dem Krieg Russland gegen die Ukraine kümmert sich die Gemeinde um Flüchtlinge. Dabei ist Juri wichtig zu betonen, dass es nicht nur jüdische sind.
Ein normalen Arbeitstag im Gemeindehaus:
Antrag auf »Erteilung einer Aufnahmezusage als jüdischer Zuwanderer«. für Leonid, der zuletzt in Kiew gelebt hat und seit ein paar Tagen in Deutschland ist.
Juri Rosov macht damit die Arbeit, die vorher in der Botschaft in der Ukraine erledigt wurde. Er kontrolliert die Papiere, das heißt den Nachweis, dass die Person jüdisch ist. Zusammen mit dem Antrag reicht er die Unterlagen weiter an die »Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“ mit Sitz in FFM.
Das nächste Gespräch für Anträge, um in Deutschland bleiben zu können.
Die Geburtsurkunden und andere Papiere werden gescannt. Das Problem bei dem Ehepaar ist, dass sie keine Heiratsurkunde dabei haben.
Diese Gespräche hat er jeden Tag seit dem Krieg. Er schätzt so um die 30 Familien, mehr als 50 Personen, in den letzten Wochen.
Ruslan aus der Region Dnipro. Er hat es geschafft Ende Februar 2022 mit einem alten Auto aus der Ukraine rauszukommen. Dies dauerte mit seinen drei Kindern und seiner Frau eine Woche.
In der Ukraine war er unter anderem Puppenspieler. Wenn der Krieg vorbei ist, will er zurück – die Ukraine ist sein Zuhause.
In Heiligendamm sind seit einigen Wochen 30 jüdische Flüchtlinge, meist Frauen und Kinder, untergebracht.
Die Frau kommt aus Odessa.
Der Raum in dem sie beten, wird von Roman gesegnet und eine Mesusa angebracht – darin ist eine Pergamentrolle, auf der das Gebet Schma Israel geschrieben steht.
Roman war kurz vor Kriegsbeginn in der Ukraine bei Verwandten. Er hatte große Probleme wieder raus und nach Deutschland zurück zu kommen, da er im wehrfähigen Alter ist.
Juri und Roman haben Essen für die Geflüchteten gebracht, darunter das besondere Brot was in der Pessach-Zeit gegessen werden darf. Matze – ungesäuertes Brot, das ohne Verwendung von Treibmitteln wie Hefe zubereitet wird.
Der Krieg hat aber auch noch anders Einzug gehalten in die Gemeinde. Es gibt viele, sowohl russische, als auch ukrainische Mitglieder. Das heißt auch, dass es viele Meinungen zum Thema Krieg gibt. Ein Foto, das zuvor im Flur vor den Gemeinderäumen mit vielen anderen zusammen an der Wand hing, hat Juri abgenommen – es wurde mit einem „Z“ bemalt und so ein Mann gekennzeichnet. Das „Z“ steht für die Zugehörigkeit zu Putin und für die Befürwortung des Krieges.
Juri betont aber, dass es keine Aufteilung in die Russen oder die Ukrainer in der Gemeinde gibt. Die Theater-Leute zum Beispiel sind alle aus Russland und sie sind alle strikt gegen den Krieg. Die Leiterin kommt aus Moskau – sie schämt sich für Russland, erzählt Juri. Und, es gibt auch Menschen in der Gemeinde aus der Ukraine, die für Putin Verständnis zeigen.
Gleich noch eine kleine Familie die Hilfe braucht
Am Nachmittag um 15.30 Uhr muss Juri aber auch noch etwas anderes erledigen. Ein Theaterstück wird in den Gemeinderäumen geprobt und er soll aushelfen, da der eigentliche Schauspieler an diesem Tag nicht kann. Juri hat lange im jüdischen Theater in Rostock gespielt – also macht er auch diesen Job und hilft aus.
Juri kam 1997 von der Krim als Kontingentflüchtling nach Rostock, mit seiner Familie. Er ist 61 Jahre alt und seit 2003 Vorsitzender der Gemeinde.
